Vynen – Leersum

121 km

 

Nach einem guten und reichlichen Frühstück ging es heute gegen halb zehn los. Zunächst fuhren wir wieder zum Rhein, der in der Morgensonne ein idyllisches, fast kitschig schönes Bild bot: blaues Wasser, Schiffe, grüne Wiesen mit Kühen und allerlei Vögeln.

Da wir Kalkar und Kleve bereits von früheren Besuchen (dienstlicher Art) ganz gut kannten, ließen wir sie diesmal unbeachtet und fuhren zügig in Richtung holländische Grenze. Wir staunten nicht schlecht als wir plötzlich ein bunt bemaltes Kraftwerksgebäude und den dazugehörigen Kühlturm mit Gletscherbemalung aus der Landschaft auftauchen sahen. Wie sich herausstellte gehört er zum Wunderland Kalkar, einem Freizeit- und Vergnügungspark, der 1995 auf dem Gelände des niemals in Betrieb gegangenen Atomkraftwerks Kalkar eingerichtet worden war.

Ein schönes Beispiel für die Energiewende, auch wenn damals davon noch nicht die Rede war.

Die Fahrt nach Holland war unspektakulär, außer dem blauen Ortseingangsschild von Millingen aan de Rijn gab es keinen Hinweis, dass wir nun in den Niederlanden waren. Anders als an den Grenzübergängen, die wir aus dem Kreis Heinsberg kannten, gab es auch nicht die typischen Billigtankstellen, Blumenmärkte und Lebensmittelläden.

Wir folgten dem Radweg durch die Stadt bis zur Fähre. Dabei hatten wir Glück, denn die Fußgänger- und Radfahrerfähre legte gerade an, so konnten wir unsere Tour ohne Pause fortsetzen konnten. Am anderen Ufer ging es auf dem Rheindeich weiter. Als wir gerade so gemütlich vor uns hinfuhren, gab es auf einmal einen lauten Knall. Erschreckt blickten wir um uns. Wie sicher herausstellte war der Schlauch einer vor uns fahrenden Radlerin geplatzt. Ihr Mann hatte zwar Flickzeug dabei, aber sicherheitshalber nahm er den von Steffen angebotenen Ersatzschlauch gerne an. Für uns ging es weiter bis zur nächsten Fähre nach Huissen – diesmal eine Autofähre. Der Rhein war hier wesentlich schmaler, denn der Fluss hatte sich vorher getrennt, wobei der breitere Teil als Waal weiterfloss und der Rhein hier eher schmal ist. In Huissen machten wir einen kurzen Abstecher durch das Stadtzentrum, vielleicht gab es ja ein Pannekoekenhuis. Doch leider war das nicht der Fall und so ging es weiter. Nun erreichten wir bald Arnheim. Inzwischen hatten wir schon 60 km hinter uns und waren entsprechend hungrig. In einer Fußgängerzone fanden wir ein nettes Kaffee, das auch die von Steffen so ersehnten Pannekoeken anbot.

Frisch gestärkt ging es aus der Stadt wieder hinaus. Dabei stellten wir fest, dass Holland gar nicht so flach ist. Der Radweg führte über kleine Straßen, durch Parks und Wälder. Dabei mussten wir einige Steigungen in Kauf nehmen. Am Airborne Museum kamen uns holländische Soldaten entgegen und später sahen wir auch britische. Offensichtlich hatten hier Veranstaltungen anlässlich des 70jähringen Jubiläums der alliierten Operation Market Garden stattgefunden.

Trotz einiger „Bergwertungen“ kamen wir gut voran. Unser nächster Haltepunkt war das Kasteel Doorwerth, das heute ein Museum für Natur- und Wildverwaltung ist. Das Schloss ist von einem Wassergraben umgeben. Über eine Zugbrücke geht es in den geräumigen Innenhof, der auf der linken Seite ein Restaurant beherbergt. Auch das Schloss selbst mit seinem Turm und einigen Türmchen ist beeindruckend. Neben dem Schloss befindet sich noch ein Schlossgarten, der richtig bewirtschaftet wird. Als wir hineinblickten, erntete eine Gärtnerin gerade Wirsing.

Die nachfolgenden Orte streiften wir nur am Rande, denn der Radweg führte größtenteils an ihnen vorbei durch den Wald. Offensichtlich hatte man den Radweg gerade erneuert, denn der Splitt war noch sehr locker, man musste also aufpassen, dass man nicht ausrutscht.

Inzwischen war es schon wieder fast um 6 und wir hatten bereits über 100 km in den Beinen, also Zeit sich um ein Nachtlager zu kümmern. Das war jedoch gar nicht so leicht, wie wir dachten. Mehrere Anrufe blieben unbeantwortet, ein Landgut und ein Minicamping waren bereits ausgebucht. Was tun? Zwei in unserem Reiseführer angegebene B&Bs lagen nicht weitab von unserer Route, also versuchten wir es dort. Fehlanzeige, denn an der einen Adresse befand sich ein ganz normales Einfamilienhaus ohne jeden Hinweis auf B&B und das Gebäude an der zweiten Adresse war leer und von einem Bauzaun umgeben. Da blieb wohl nur der Campingplatz. Zufällig kamen wir noch einem weiteren B&B vorbei, das auch Radfahrer willkommen hieß (Fietsers velkom), doch leider gab es keine freien Zimmer mehr. Die Wirtin war aber sehr nett und schickte uns zu einem Bauernhof mit B&B und Campingplatz gleich um die Ecke. Hier bekamen wir noch ein nettes Zimmer und brauchten nicht einmal das Zelt aufbauen. Irgendwie machte sich unser Hunger mit Halluzinationen bemerkbar. Plötzlich waren da draußen Kamele zu sehen. Nachdem wir uns etwas erholt und frisch gemacht hatten, radelten wir daher nochmal zurück nach Leersum, um Abendbrot zu essen. So ließen wir den Tag im Eetcafé Touché ausklingen.